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(01.04.2024, 01:34 Uhr)

 
 
 Heine-Forum
 
Hallo Eva,
es handelt sich wohl um das folgende Gedicht:

Die Wahlesel

    Die Freiheit hat man satt am End',
    Und die Republik der Tiere
    Begehrte, daß ein einz'ger Regent
    Sie absolut regiere.

    Jedwede Tiergattung versammelte sich,
    Wahlzettel wurden geschrieben;
    Parteisucht wütete fürchterlich,
    Intrigen wurden getrieben.

    Das Komitee der Esel ward
    Von Alt-Langohren regieret;
    Sie hatten die Köpfe mit einer Kokard',
    Die schwarz-rot-gold, verzieret.

    Es gab eine kleine Pferdepartei,
    Doch wagte sie nicht zu stimmen;
    Sie hatte Angst vor dem Geschrei
    Der Alt-Langohren, der grimmen.

    Als einer jedoch die Kandidatur
    Des Rosses empfahl, mit Zeter
    Ein Alt-Langohr in die Rede ihm fuhr,
    Und schrie: »Du bist ein Verräter!

    Du bist ein Verräter, es fließt in dir
    Kein Tropfen vom Eselsblute;
    Du bist kein Esel, ich glaube schier,
    Dich warf eine welsche Stute.

    Du stammst vom Zebra vielleicht, die Haut,
    Sie ist gestreift zebräisch;
    Auch deiner Stimme näselnder Laut
    Klingt ziemlich ägyptisch-hebräisch.

    Und wärst du kein Fremdling, so bist du doch nur
    Verstandesesel, ein kalter;
    Du kennst nicht die Tiefen der Eselsnatur,
    Dir klingt nicht ihr mystischer Psalter.

    Ich aber versenkte die Seele ganz
    In jenes süße Gedösel;
    Ich bin ein Esel, in meinem Schwanz
    Ist jedes Haar ein Esel.

    Ich bin kein Römling, ich bin kein Slaw';
    Ein deutscher Esel bin ich,
    Gleich meinen Vätern. Sie waren so brav,
    So pflanzenwüchsig, so sinnig.

    Sie spielten nicht mit Galanterei
    Frivole Lasterspiele;
    Sie trabten täglich, frisch-fromm-fröhlich-frei,
    Mit ihren Säcken zur Mühle.

    Die Väter sind nicht tot! Im Grab
    Nur ihre Häute liegen,
    Die sterblichen Hüllen. Vom Himmel herab
    Schaun sie auf uns mit Vergnügen.

    Verklärte Esel im Glorialicht!
    Wir wollen euch immer gleichen
    Und niemals von dem Pfad der Pflicht
    Nur einen Fingerbreit weichen.

    O welche Wonne, ein Esel zu sein!
    Ein Enkel von solchen Langohren!
    Ich möcht es von allen Dächern schrein:
    Ich bin als ein Esel geboren.

    Der große Esel, der mich erzeugt,
    Er war von deutschem Stamme;
    Mit deutscher Eselsmilch gesäugt
    Hat mich die Mutter, die Mamme.

    Ich bin ein Esel, und will getreu,
    Wie meine Väter, die Alten,
    An der alten, lieben Eselei,
    Am Eseltume halten.

    Und weil ich ein Esel, so rat ich euch,
    Den Esel zum König zu wählen;
    Wir stiften das große Eselreich,
    Wo nur die Esel befehlen.

    Wir alle sind Esel! I-A! I-A!
    Wir sind keine Pferdeknechte.
    Fort mit den Rossen! Es lebe, hurra!
    Der König vom Eselsgeschlechte!«

    So sprach der Patriot. Im Saal
    Die Esel Beifall rufen.
    Sie waren alle national,
    Und stampften mit den Hufen.

    Sie haben des Redners Haupt geschmückt
    Mit einem Eichenkranze.
    Er dankte stumm, und hochbeglückt
    Wedelt' er mit dem Schwanze.


[Heine: Nachlese, S. 48 ff.Die digitale Bibliothek der deutschen Lyrik, S. 30733 (vgl. Heine-WuB Bd. 2, S. 387 ff.)]

Gruß
Gylman
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