Ju-Jutsu
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 Kein Betreff 05.06.2001 (08:59 Uhr) Ju-Jutsuka
BUDO - Wettbewerb und Konfrontation ?

Beobachtungen eines Budoka

Eine wahre Geschichte : Mir sagte einmal jemand, ich wäre ein schlechter Budoka und Dan-Anwärter weil ich kein Do (= Weg) hätte. Ich hätte das „Ganze“ einfach nicht verstanden. – Dies ereignete sich im Zuge einer sehr hitzig geführten Diskussion über meinen damaligen Trainer, welchen ich (zumindest aus meiner Sicht) versuchte zu verteidigen, da er Inhalt der Diskussion war. Damals dachte ich, mein Gegenüber würde aus dem niederen Beweggrund der Beleidigung zu solcher Argumentation greifen. Meinerseits sah ich mich genötigt den gleichen Weg der Argumentation einzuschlagen – Das Ergebnis war besagte Diskussion. Als ich meinen Diskussionspartner aufforderte mir denn wenigstens zu erklären, warum ich in seinen Augen „unwürdig“ sei, lies er mich ohne Antwort stehen und ging.
Die Aussage hat mich lange Zeit beschäftigt und beschäftigt mich auch heute noch. Damals fühlte ich mich angegriffen weil ich nicht verstand, was mein Gegenüber denn eigentlich von mir verlangte. Und genau an diesem Punkt setzen auch meine Gedanken zur Kampfkunst bzw. dem Kampfsport ein. Vorweg : Ich werde in den folgenden Zeilen von Kampfsport und nicht von Kampfkunst schreiben – die Erklärung folgt.

Budo – Kunst oder Sport ?

Die Diskussion um Budo beginnt heute bereits bei der Definition. Ist es Kampfkunst? Oder ist es Kampfsport? – Diese Frage lässt sich in meinen Augen sehr einfach beantworten. Kampfkunst heißt eine Kunst auszuüben, zu erlernen, nach ihren Prinzipien zu leben. Kampfsport heißt ein Techniksammelsurium auswendig zu lernen – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Nach dieser Definition trainieren wohl die meisten Kampfsport! Und das soll Ansatzpunkt zur Diskussion und zum Nachdenken sein.
Budo bezeichnet sich gerne als Schule des Lebens. Welche Schule? Wird Budo heute nicht meist unter der Prämisse der Graduierung und des sportlichen Erfolges trainiert? Stehen Selbstvertrauen, Selbstbehauptung und Stärkung der Gesundheit und der Physis nicht erst an zweiter oder gar dritter Stelle? Ist das Leben und Wirken nach den Budoprinzipien (Beispiel des „besseren Lebens“) nicht gänzlich in den Hintergrund gerückt bzw. völlig abgeschafft?
Vereinzelte werden jetzt wohl mit Nein antworten. Die meisten jedoch werden wohl überhaupt nicht antworten, weil Sie sich dieser Diskussion nicht stellen. Und genau das ist doch der Beweis, dass heute nicht mehr Kunst sondern Sport betrieben wird.
„Ottonormalkampfsportler“ geht 2 bis 3 mal pro Woche für 2 Stunden zum Training, um hier seinen bunten Gürtel zu tragen, sein Können zur Schau zu stellen und sich unter dem Vorwand der Sportlichkeit mit anderen zu messen – selbst die Trainer. Sie binden ihre schwarzen Gürtel um den oftmals etwas dickeren Bauch und versuchen ihre Schüler dahinzubringen, sich unter besagtem Vorwand der Sportlichkeit und dem Vorwand der sportlichen Auseinandersetzung die Schüler anderer Trainer zu bezwingen. Ich spreche bewusst von Trainern und nicht von Meistern um meiner These bezüglich Kampfsport und Kampfkunst Ausdruck zu verleihen. Dieser Konkurrenzkampf soll hier als Beweis dienen, dass „modernes Budo“ keineswegs mehr Lehre vom besseren Leben oder Schule des Lebens ist. Es widerspiegelt die heutige Gesellschaft, in der es nicht mehr darum geht die Konfrontation zu vermeiden, sondern sie zu gewinnen – und das mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Nicht Herz oder Kopf übernehmen die Führung, einzig das Ego.

„Modernes Budo“ als Weg durchs Leben?!

An dieser Stelle möchte ich nochmals auf die am Anfang geschilderte Begebenheit eingehen. Damals verstand ich nicht, wie jemand von Do, der alten Schule und Prinzipien des Budo sprechen konnte, im gleichem Atemzug jedoch über jemand völlig fremden urteilte den er nicht kannte, und diesen nötigte sich zu rechtfertigen warum er war wie er war. Das war für mich unbegreiflich. Ich war erbost, mich vor ihm rechtfertigen zu müssen. Welches Recht hatte er über mich zu urteilen? Nur weil er ein paar Dangrade hatte?
Heute verstehe ich. Ich verstehe diese Anmaßung immer noch nicht, ich verstehe aber das Warum. Er argumentierte nicht mit dem Hintergrund der Nichtbeachtung von Budo-Prinzipien, dem Ehrenkodex der Kampfsportler oder irgendwelcher Verhaltensweisen. Er argumentierte aus dem Training – Seine Begründung zog er nicht aus Lehren des Budo, sondern aus seinem Prüfungsprogramm. Ich war in seinen Augen NICHT ein schlechter Dananwärter weil ich mich nicht an gewisse Prinzipien und Grundsätze des Budo hielt. Nein, ich war ein schlechter Dananwärter weil ich eine andere Technik trainierte und beherrschte als er. Maßstab war nicht mein Wesen oder Verhalten; Maßstab war einzig mein technisches Können. Doch nicht weil es besser oder schlechter war als das seine – weil es anders war. Diese Erkenntnis gewann ich im Laufe der Jahre auf vielen Lehrgängen, Turnieren und in Gesprächen mit anderen Kampfsportlern. Bei vielen zählten leider nur Graduierung und Erfolge...

Selbsterkenntnis als Weg zum wahren Meister.

Ich will mich nicht ausnehmen. Ich habe selbst die Herausforderung angenommen, mich mit anderen zu messen und zu versuchen diese zu bezwingen.
Budo ist kein Weg mehr das Leben zu meistern oder besser zu Leben. Budo ist knallhartes Business : siege oder werde besiegt. Die Weißheit „In Kriegszeiten muss man Budo-Künste ausüben, um zu überleben, in Friedenszeiten dagegen, um länger zu Leben.“ kehrt sich in sich selbst um : „In Friedenszeiten musst du Budo-Künste ausüben um besser zu sein als der andere.“. Konfrontation – Kann das die Lehre der neuen Meister sein?

Ist es diese Selbsterkenntnis die einen „echten“ Meister von einem Dan-Träger unterscheidet? Wenn ja, dann bleibt zumindest die Hoffnung bestehen, ein wahrer Meister zu werden. Und am Ende steht das Bestreben nach fortwährender Verbesserung seiner selbst – Der Kampf !

 Meister 05.06.2001 (09:35 Uhr) TJJV-Admin
 Re: Meister 05.06.2001 (15:42 Uhr) René
 Re: Meister 05.06.2001 (15:57 Uhr) Willkommen auf dem Forum
 Re: Meister 05.06.2001 (16:16 Uhr) René
 Jo! 05.06.2001 (17:53 Uhr) Unbekannt
 Re: Turnier 06.06.2001 (07:19 Uhr) René
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