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 Tinnitus / Ohrgeräusche
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 Re: DTL / Kortisongabe bei akutem Hörsturz 18.12.2001 (07:08 Uhr) Christian
Hallo,

> Habe gestern gerade gelesen, dass die meisten Hörstürze
> innerhalb von 10 - 12 Tagen von selbst "heilen".

Die zugegebenermaßen nicht gerade vielen Studien zur Spontanheilung des Hörsturzes sprechen recht eindeutig dafür, wobei allerdings keine dieser Untersuchungen sonderlich groß ist. Einige Leute sagen deshalb, daß man zu wenig über den Spontanverlauf weiß, um das Risiko einer Nullbehandlung einzugehen. Ein entsprechender Kommentar  - abermals vom Infusionsliebhaber Prof. Michel - ist auch auf der Internetseite der DTL im Archiv beim Thema Hörsturz zu finden. Detailliert geht er auch in seinem Buch "Der Hörsturz" auf dieses Thema ein.

Diese Argumentation halte ich allerdings für eine ziemlich absurde Umkehr des Pflicht des Wirkungsnachweises und so weit wäre es wohl auch nie gekommen, wenn man nicht einfach damit angefangen hätte, aus purer Spekulation heraus einige Behandlungen zu sogenannten Standardbehandlungen zu machen.

Wichtiger finde ich, daß - mit der *eventuellen* Ausnahme der Hörsturz-Studie von Wilson zum Kortison (siehe mein Kommentar in der vorangegangenen Nachricht) - in keiner einzigen qualitativ vernünftigen Studie ein höherer Erfolg im Vergleich zum Placebo erzielt werden konnte. Das gilt vor allen Dingen für die ganzen durchblutungsfördernden Medikamente.

>Aber in
> unserer Gesellschaft wird immer sehr schnell nach
> Medikamenten geschrien.

Ich bin ein vollkommener Befürworter von Medikamenten, wenn ein klarer Nutzen zu erkennen ist und dieser Nutzen höher als das zu erwartende Risiko durch Nebenwirkungen ist. Einen Beweis dafür, daß es sich bei der medikamentösen Behandlung des Hörsturzes und/oder Tinnitus so verhält, vermisse ich. Selbst wenn Nebenwirkungen selten sein mögen: Kortison, Dextran, HAES oder Procain sind keine Tick-Tacks und sollten auch nicht wie solche verschrieben werden. Und insbesondere die Bemerkung der DTL, viele Leute hätten *unbegründete* Ängste vorm Kortison, halte ich in diesem Zusammenhang für vollkommen unangebracht. Natürlich treten die meisten Nebenwirkungen erst nach längerfristiger Anwendung auf. Das heißt aber noch lange nicht, daß hochdosiertes Kortison bei kurzzeitiger Anwendung völlig nebenwirkungsfrei ist.

> In den USA, die sicherlich schon weiter sind als wir,

Mmmh, unser Krankenkassensystem möchte ich nicht mit dem der U.S.A. eintauschen. Einige Infusionsbefürworter argumentieren, daß in den U.S.A. aus reinen Kostengründen Hörsturz und Tinnitus weniger behandelt wird.

Wobei viele dieser Befürworter andererseits auch nicht gerade für einen Gotteslohn Infusionen verabreichen. Und wenn man dann noch einen Schritt weiter geht und zu den privaten Druckkammern kommt, die - wenn man sich deren Internetseiten mal ansieht - vor allen Dingen von Hörsturz- und Tinnituspatienten zu leben scheinen, dann kommt man doch vielleicht zu dem Ergebnis, daß einige Leute das finanzielle Argument in der Diskussion mal lieber aus dem Spiel lassen sollten...

> werden die Leute krankgeschrieben, damit sie sich
> ausruhen können oder besser noch in den Urlaub fahren
> können.

Na ja, Kortison-Tabletten sind auch in den U.S.A. beim Hörsturz nicht unüblich. Da bin ich auch tatsächlich der Meinung, daß ein möglicher Nutzen zumindest *ein wenig* besser abgedeckt ist, als bei den durchblutungsfördernden Mitteln.

Ich selbst hätte übrigens auch selbst dann noch keine Probleme, wenn bei uns entsprechende Mittel den Leuten gegeben werden, nachdem sie genau über mögliche Nebenwirkungen und den unbekannten Nutzen aufgeklärt worden sind und ihr Einverständnis gegeben haben. Bloß in der Praxis wird gegenüber den Patienten oft einfach so getan, als ob Hörsturz = "Infusion" eine ganz klare und eindeutige Sache wäre. Der Beitrag von Prof. Michel ist mal wieder ein deutliches Beispiel dafür.

Eins der schönen Nebenresultate dieser Behandlungsart ist neben möglichen Nebenwirkungen leider, daß etliche Leute mit der Einstellung "Wäre ich bloß früher zum Arzt gegangen, wäre mir geholfen worden" durchs Leben gehen und nicht einmal ahnen, daß vermutlich eine frühzeitige Behandlung auch nichts geändert hätte.

Ein weiteres Problem, das zum Beispiel auch auf der Internetseite einer Tinnitusklinik erwähnt wurde ist, daß einige Leute aus dem Umstand, daß sie mit durchblutungsfördernden Medikamenten behandelt wurden, eine Angst vor Durchblutungsstörungen und möglichen weiteren Konsequenzen wie Schlaganfall, etc. entwickeln. Und auch das in der Mehrzahl der Fälle völlig ohne Grund.

> Ist sicherlich auch nebenwirkungsfreier. ;-)

Davon gehe ich aus! ;-)

Wobei ich, wenn ich Arzt wäre (was ich Gott sei Dank nicht bin), einen Patienten ganz klar über die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung und einer Nichtbehandlung aufklären würde. Bloß eins würde ich nicht machen: Ihm die kaum objektiv und richtig zu treffende Entscheidung abnehmen.

Viele Grüße
Christian
 Re: DTL / Kortisongabe bei akutem Hörsturz 01.07.2009 (15:01 Uhr) Vanessa
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