| Versenkte Milliarden – sinnlose Subventionen für die Binnenschifffahrt im Osten Anmoderation Anja Reschke: „Wissen Sie, wo die deutsche Einheit wirklich toll funktioniert? Wo wirklich starke Verbindungen zwischen Ost und West geschaffen wurden? Auf den Flüssen! Also, die Binnenschifffahrt von West nach Ost könnte laufen, was die Motoren so hergeben. Da wurden Flüsse begradigt, Schleusen gebaut, Schiffshebewerke errichtet, Zweitschiffshebewerke geplant, Häfen ausgehoben für Milliarden. Toll. Alles, was moderne Binnenschifffahrt so braucht, kann man auf ostdeutschen Flüssen bewundern. Das einzige, was dort jetzt noch fehlt zum perfekten Glück sind Schiffe. Und ob die noch kommen, ist sehr fraglich. Janina Kalle über Subventionen für die Binnenschifffahrt, die sich wohl niemals rechnen werden.“ Der Hafen Halle: Vor sieben Jahren wurde er aufwändig ausgebaut. Für über 30 Millionen Euro Steuergelder. O-Ton Stefan Böttinger, Stadtwerke Halle: „Wir können hier im Hafen Halle vier Schiffe gleichzeitig abfertigen, d.h. sowohl Containergut, Stückgut als auch Schüttgut.“ Einziges Problem: Es kommen fast nie Schiffe. O-Ton Stefan Böttinger, Stadtwerke Halle: „Also, wir haben hier in den letzten Jahren immer mal wieder ein Schiff gehabt und auch entladen, aber natürlich noch nicht in den Zahlen, wie wir es uns wünschen würden.“ Genau genommen: In den letzten zwei Jahren hat gar kein großes Schiff den Hafen angelaufen. Wie auch? Die Saale, hier in der Mitte im Bild, ist aufgrund von Staustufen kaum zu befahren. Das soll sich jetzt ändern. Karl-Heinz Daehre, Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt, wirbt für ein neues Projekt. O-Ton Karl-Heinz Daehre, Verkehrsminister Sachsen-Anhalt: „Ja, wir wollen jetzt den Hafen in Halle zugänglicher machen, indem wir einen Kanal planen, damit die Saale schiffbar gemacht werden kann, und damit wir auch Güter dann von der Straße auf die Wasserstraße verlagern können.“ Ein neuer Kanal. So kann man die Staustufen umfahren. Ob dann mehr Schiffe kommen? Die Elbe ist das nächste Problem. Südlich von Hamburg ist der Fluss viel zu flach für große Containerschiffe. 65 cm Wassertiefe – viel mehr sind es im Sommer nicht. O-Ton Prof. Hans-Ulrich Zabel, Wirtschaftswissenschaftler: „Der Bereich, in dem die Elbe rentabel befahrbar ist im Jahr, wird sich weiter verringern. Im Moment sind es 111 Tage, an denen Transporte möglich sind mit einer Wassertiefe von 2,30 Meter bis 2,50 Meter. Diese Zahl hat sich verringert und wird sich weiter verringern.“ O-Ton Karl-Heinz Daehre, Verkehrsminister Sachsen-Anhalt: „Das reicht immer noch aus, wenn es der Tiefgang zulässt, dass wir dann diese Schiffe noch einsetzen können, um die Straßen zu entlasten.“ Bisher allerdings ist der Schiffsverkehr auf der Elbe noch sehr übersichtlich. O-Ton eines Anglers, der am Ufer sitzt: „Wenn ich hier sitze, manche Tage kommt gar keiner vorbei. Und wenn das Wasser höher ist, dann kommen mal drei, vier Tschechen und von den Deutschen höchstens zwei, drei vorbei. Die kenne ich alle persönlich. Albern.“ Das ist nicht nur albern, sondern vor allem teuer. O-Ton Karl-Heinz Daehre, Verkehrsminister Sachsen-Anhalt: „Im Moment liegen die Kosten zwischen 80 und 100 Millionen Euro für diesen Kanal. Das ist die Größenordnung, die im Moment geplant wird.“ O-Ton Prof. Hans-Ulrich Zabel, Wirtschaftswissenschaftler: „Der Kanal ist auf alle Fälle nicht sinnvoll. Es ist ein absurdes Vorhaben, muss man sagen. Es gibt einen Verkehrsträger, die Bahn nämlich. Parallel dazu soll ein Verkehrsträger gebaut werden, der teuer und überhaupt nicht benutzbar ist.“ Die Bahn macht auch diesen Hafen eigentlich überflüssig, doch hier hat man aus der peinlichen Lage eine neue Existenzberechtigung gemacht. O-Ton Stefan Böttinger, Stadtwerker Halle: „Im Moment sind wir eher ein Güterverkehrszentrum als ein Hafen, d.h. wir haben hier einen regen Containerumschlag, allerdings vom LKW auf die Schiene.“ Und damit fährt Halle nach eigenen Angaben im Moment sehr gut. Fragt sich nur, warum braucht die Stadt dann einen Hafen und einen Kanal? Für zusammen rund 130 Millionen Euro. Bericht: Janina Kalle Kamera: Dirk Winde Schnitt: Markus Ortmanns
Quelle: Panorama Nr. 701 vom 28.08.2008 |