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BGH-Urteil gegen Dialer-Wiederverkaufskette

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 20. Oktober 2005 (Az. III ZR 37/05) die Rechte von Verbrauchern bei Abrechnungen von Mehrwertdienste-Rufnummern für etwa über Internet-Dialer abgerechnete Angebote oder für andere, per kostenpflichtiger 0190/0900-Rufnummer zu bezahlende Dienste gestärkt. Der BGH sprach den zwischen Kunden und Diensteanbietern geschalteten Verbindungsnetzbetreibern das Recht ab, in Streitfällen ausstehende Rechnungsbeträge für die Mehrwertdienstleistung zu inkassieren. Aus Sicht des Nutzers seien die Durchleitungsprovider lediglich "Erfüllungsgehilfen" von Dritten, ein Vertrag mit ihnen bestehe nicht, folglich existiere auch keine Zahlungsverpflichtung.

Im konkreten Fall aus dem Jahre 2002 hatte die Deutsche Telekom einem Verbraucher 1427 Euro unter dem Posten "Beträge anderer Anbieter" in Rechnung gestellt. Als dieser die Forderung bestritt, machte der nummernverwaltende Provider Druck. Zähneknirschend zahlte der Kunde die Summe ausdrücklich "unter Vorbehalt" an die Telekom, um sie sogleich vom Nummernbetreiber wieder zurückzuverlangen. Das Amtsgericht Elmshorn gab dem Verbraucher mit seiner Rückforderung Recht, das Landgericht Itzehoe hob dieses Urteil aber nach einer Berufung des Betreibers Anfang 2005 wieder auf. Der Verbraucher ging in Revision und schließlich hob der BGH nun das Landgerichtsurteil auf, sodass der Betreiber zahlen muss.

Der BGH definiert in seinem lang erwarteten Grundsatzurteil, wer im Mehrwertdienste-Geschäft Verträge miteinander abschließt. Die Telekom als erste Rechnungsstellerin fungiert demnach lediglich als "bloße Zahlstelle". Aber auch mit dem Verbindungsnetz- beziehungsweise Plattformbetreiber für Mehrwertdienste-Rufnummern habe der Verbraucher durch die Einwahl keinen Vertrag abgeschlossen. Dem "durchschnittlich verständigen und informierten Telefon- und Internet-Nutzer" sei "die Leistungskette zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem Mehrwertdiensteanbieter nicht bekannt". Daher lasse sich der "Anwahl des Mehrwertdiensts nicht die Erklärung des Nutzers entnehmen, einen Vertrag mit dem Nummernverwalter schließen zu wollen". Der Anbieter sei "aus Sicht des Kunden Erfüllungsgehilfe eines Dritten".

Gläubiger des Kunden sei lediglich derjenige, der die Mehrwertdienstleistung erbracht habe. Unerheblich ist dem 3. Zivilsenat des BGH zufolge, ob der Rufnummernbetreiber das Entgelt bereits an seinen Mehrwertdienste-Partner ausgeschüttet hat. Dies sei Sache des Vertragsverhältnisses zwischen diesen beiden Parteien. Wichtig sei allerdings, dass der Nutzer die Zahlung "unter Vorbehalt" getätigt habe.

Das Urteil dürfte gravierende Auswirkungen auf die Geschäftspraxis von Plattformbetreibern wie Next ID (ehemals Talkline ID), In-telegence oder dtms haben. Kunden, die strittige Rechnungen bereits "unter Vorbehalt" bezahlt haben, könnten jetzt diese Zahlungen zurückfordern. Hinter der oft kritisierten und durch die Registrierungspflicht teilweise aufgehobenen Wiederverkaufskette bei Dialern dürfte sich nun kein dubioser Anbieter mehr verstecken können.


Info: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2005-10&Seite=1&nr=34292&pos=31&anz=142
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