 | Hi,
ist zwar ungewohnt, aber klar, ich kann gern ein bisschen was von meinen Erfahrungen berichten. :) Ich weiß nicht so ganz, wie ich das hier am besten angehen soll. Aber ich denke es ist sinnvoll vielleicht erstmal einen allgemeinen Überblick zu geben.
Mein erster Kontakt mit dem Thema Schuhklau war (wie ja doch bei so einigen hier) in der Schule. Ich weiß gar nicht was genau damals der Auslöser war, aber in der 8. Klasse fing eine Jungsgruppe an, immer mal wieder einer Klassenkameradin von mir (Laura) und ihrer besten Freundin (Hanna) die Schuhe zu klauen und die so für eine Doppelstunde zu behalten. Und anfangs blieb das halt wirklich auf die beschränkt und soweit ich das sagen kann war es auch für alle Beteiligten eher ein harmloser Spaß. Laura war zu der Zeit eh das beliebteste Mädel der Klasse und ich glaub wenn sie den Jungs eine klare Ansage gemacht hätte, hätten die auch sofort damit aufgehört. Stattdessen meinte sie nach einer gewissen Zeit aber nur, dass sie es langweilig findet, wenn es immer nur sie und Hanna trifft. Tja, und das war für die Jungs quasi das Signal jetzt auch mal anderen Mädels ihre Schuhe abzunehmen.
Ich selbst war zu dieser Zeit ziemlich isoliert in der Klasse. Mein einziger Freund war Tim aus meiner Nachbarschaft, mit dem ich auch immer gemeinsam mit dem Bus zur Schule gefahren bin. Wir hatten uns in der 5. Klasse angefreundet und da wir beide eher verkopft und introvertiert waren, haben wir ansonsten eher nur lose Bekanntschaften bei uns in der Klasse geknüpft. Naja, gerade wegen dieser Isolation blieb ich bei den Schuhklauaktionen der Jungs in der 8. Klasse auch komplett außen vor. Insgesamt dauerte diese Schuhklauphase mehrere Wochen, wo immer mal wieder eine oder auch mehrere meiner Klassenkameradinnen meistens für eine Doppelstunde oder auch mal für zwei schuhlos waren. Jedenfalls endete der Schuhklau dann ziemlich abrupt, weil die Jungs es bei einer Klassenkameradin von mir (Jana) übertrieben und ihr an drei Schultagen in Folge die Schuhe wegnahmen und beim dritten Mal hat sie dann angefangen zu weinen und als unsere Lehrerin zum Beginn der nächsten Stunde reinkam, hatte sie sich noch nicht wieder beruhigt. Jana hat zwar nicht gepetzt, aber trotzdem konnte unsere Lehrerin 1 und 1 zusammenzuzählen und die Jungs haben dann Strafarbeiten bekommen. Danach gab es dann erstmal keine weiteren Schuhklauaktivitäten mehr.
Ich selbst war in dieser ersten Schuhklauphase also nicht beteiligt. Aber schon da fand ich es irgendwie interessant zu beobachten, wie unterschiedlich meine betroffenen Klassenkameradinnen mit der Situation umgehen. Und ich fragte mich halt auch, wie ich selbst wohl in dieser Situation reagiert hätte. Tja, das sollte ich dann in der 10. Klasse herausfinden. :)
Da gab es diesmal einen sehr offensichtlichen Trigger für die Schuhklauaktivitäten in dieser Zeit. Denn relativ zu Beginn des Schuljahrs hatten wir eine Projektwoche mit dem Thema Skandinavien, in der wir quasi Unterricht nach dem "skandinavischen Modell" hatten. Das beinhaltete so Sachen wie, dass wir unsere Lehrer in der Woche duzten, viel in Gruppenarbeit erledigten und eher projektbezogen und selbständig arbeiteten, aber eben auch, dass wir unsere Schuhe vor Betreten des Klassenraums auf dem Gang ausziehen und dort abstellen mussten. Klar, wir fanden das damals eher uncool, aber gerade im Rückblick habe ich diese Woche eigentlich in sehr positiver Erinnerung. Irgendwie gefiel es mir richtig gut, dass wir alle auf Socken waren und auch die vielen Gruppenarbeiten mochte ich sehr, naja, vermutlich weil es mich zumindest zeitweise stärker in die Klasse integrierte. Außerdem durften wir unsere Klassenlehrerin (die war eh noch relativ jung) auch danach noch duzen, auch das fand ich sehr gut. Aber das nur am Rande. :)
Jedenfalls begannen die Jungs unmittelbar nach der Projektwoche wieder mit dem Schuhklau - und benutzten die Projektwoche quasi als Aufhänger dafür, nach dem Motto: "Letzte Woche hattest du hier doch auch keine Schuhe an."
Ich selbst war vorerst wieder nur in der Beobachterrolle und es war schon spürbar, dass die Dynamik beim Schuhklau jetzt anders war als in der 8. Klasse. Gefühlt ging es den Jungs jetzt viel eher darum, die Aufmerksamkeit bestimmter Mädels auf sich zu lenken oder so mehr darüber herauszufinden, was diese von ihnen halten. Allerdings gingen sie dabei oft auch etwas umständlich vor. Ein gutes Beispiel hierfür sind Laura und Jonas. Laura war nach wie vor das beliebteste Mädel bei uns in der Klasse und Jonas praktisch das Gegenstück auf Seiten der Jungs. Die beiden wurden über Monate praktisch von der ganzen Klasse geshippt, aber anstatt Laura um ihre Schuhe zu erleichtern, hat Jonas stattdessen ihrer Freundin Hanna die Schuhe abgenommen und diese anschließend Laura gegeben mit der Bitte, sie ihr erst nach der nächsten Doppelstunde zurückzugeben. Das klingt vielleicht erstmal etwas weird, aber seine Logik war anscheinend in etwa so: "Wenn sie mir den Gefallen tut und Hanna (immerhin ja ihrer besten Freundin) ihre Schuhe wirklich erst nach der Doppelstunde wiedergibt, dann bin ich ihr bestimmt nicht egal." Laura selbst war in dieser Schuhklauphase jetzt gefühlt tabu und verlor ihre Schuhe tatsächlich nur ein einziges Mal und das auch nur ganz am Ende, als sie auch schon mit Jonas zusammen war.
Alles in allem uferte der Schuhklau zwar nicht so aus wie noch in der 8. Klasse, aber er zog nach und nach doch weitere Kreise. Dennoch blieb ich auch hier relativ lange verschont. Zum einen war ich halt nicht so wirklich auf dem Radar der Jungs, zum anderen konnten sie bei mir halt auch kaum einschätzen, wie ich reagieren würde. Ich galt in der Klasse eher als ruhige, leicht nerdige Streberin und ich glaube sie hatten schon ein wenig die Sorge, dass ich entweder anfangen könnte zu weinen oder aber sie verpetzen würde.
Ich tat aber weder das eine noch das andere. Denn ehrlich gesagt war ich bei ihrem ersten Schuhklau an mir einfach komplett überfordert mit der Situation. Im ersten Moment war es einfach ein ziemlicher Schock, dass es diesmal mich traf. Tatsächlich hatte ich davor auch schon mal Blicke in meine Richtung wahrgenommen, aber dennoch kam es gefühlt aus dem Nichts, weil ich sonst halt nie bei irgendetwas Sozialem eingebunden war. Ich hab dann auch instinktiv versucht mich zu wehren und mich irgendwie mit meinen Beinen freizuzappeln, aber das führte nur zum nächsten Schock: Denn ich stellte quasi sofort fest, dass ich gar keine Chance hatte mich zu befreien! Ich finde, Lotte hat diesen Moment damals sehr treffend als Schlüsselmoment für sie beschrieben und da würde ich voll mitgehen. Es war einfach sehr viel auf einmal: Dieses Gefühl sich der Situation nicht entziehen zu können, zu spüren wie die eigenen Schuhe sich lockern und zu wissen, dass man nicht verhindern kann, dass man sie gleich los ist, zu wissen, dass alle anderen gleich die eigenen Socken sehen werden, obwohl niemand sonst schuhlos ist, aber auch das Wissen, dass man selbst gerade komplett rot anläuft und damit ja verrät, dass es einem selbst peinlich ist. Auch die ersten Momente als meine Schuhe dann aus waren, fühlten sich sehr surreal an. Einfach weil ich selbst immer noch richtig aufgeregt war und meinen Puls sehr deutlich spüren konnte. Aber gerade im Kontrast zu meiner eigenen Aufregung, wirkten meine Klassenkameraden einfach sehr entspannt auf mich. Und irgendwie irritierte mich das extrem, wie sie so ruhig bleiben konnten, während ich total aufgewühlt war. Und natürlich hatte ich auch Angst, dass sie merken, dass dieser Schuhklau mit mir viel mehr gemacht hatte als mit ihnen. Andererseits steigerte es aber auch meine Aufregung noch weiter und irgendwie fühlte sich diese ganze Aufregung auch gut an - oder eben wie eingangs schon erwähnt: Die Situation überforderte mich. :)
Danach wurden mir insgesamt noch viermal die Schuhe abgenommen, dreimal von den Jungs und einmal von Klassenkameradinnen. Bei mir lief es aber meist noch etwas anders ab als wenn anderen Mädels aus der Klasse die Schuhe geklaut wurden. Denn da ich nun mal das Streberinnen-Image hatte, hieß es bei mir dann: "Wir geben dir deine Schuhe erst wieder, wenn du uns Hausaufgabe XY abschreiben lässt." Naja, wenn sie mich einfach so gefragt hätten, hätte ich sie auch abschreiben lassen, daher hatte ich damit nicht wirklich ein Problem. Außerdem formulierten meine Schuhdiebe das nie als eiskalte Erpressung, sondern es hatte eher etwas Spielerisches und sie bedankten sich auch immer sehr freundlich fürs Abschreibenlassen. :)
Was ich aber auch sehr positiv in Erinnerung habe ist, dass ich vor allem beim 1. und 2. Schuhklau an mir doch sehr überfordert war, aber spätestens ab dem 3. Schuhklau doch selbstbewusster agierte und mich beim 4. Schuhklau dann auch einfach weigerte, die Jungs meine Hausaufgabe abschreiben zu lassen. Einfach weil ich sehen wollte, wie sie dann reagieren. Naja, im Endeffekt war ich so praktisch den ganzen Schultag über schuhlos und eine Mitschülerin von mir endete ebenfalls auf Socken. Aber es hatte eben wieder dieses Spielerische und im Rückblick würde ich schon sagen, dass das einer der besten Schultage war, den ich jemals hatte. :)
Diese Schuhklauphase in der 10. Klasse endete dann aber sehr unspektakulär: Irgendwann waren halt Ferien und als danach die Schule wieder losging, war es anfangs nochmal kurz Thema, aber es kam zu keinen weiteren Schuhklauaktivitäten.
Naja, dennoch war diese Schuhklauphase in der 10. Klasse definitiv auch gut für meine soziale Situation in der Klasse. In der hatten meine Klassenkameraden mich zumindest mal etwas kennengelernt und ich habe dadurch zwar keine neuen Freundschaften geschlossen, aber ich war dennoch besser integriert als zuvor. Das war auch langfristig gut, weil ich ansonsten in der Oberstufe vermutlich nicht auf die Partys meines Jahrgangs gegangen wäre. Und gerade die habe ich doch in sehr guter Erinnerung. :) Die Oberstufe war auch die Zeit, wo sich bei uns im Jahrgang diverse Pärchen bildeten. Und naja, da Tim nach wie vor die Person war, die mir am nächsten stand, war es gefühlt fast zwangsläufig, dass wir auch zusammenkamen. Nach dem Abi haben wir dann auch gemeinsam angefangen Informatik zu studieren und sind zusammengezogen.
Relativ zu Beginn unseres Studiums waren wir auf einer WG-Party bei Kommilitonen von uns und natürlich waren wir da auf Socken. Und irgendwie weckte das bei mir Erinnerungen an unsere Skandinavien-Projektwoche und vor allem den Schuhklau in der Zeit danach. Und praktisch den ganzen Abend über beschäftigten mich die Erinnerungen an damals und ich überlegte, ob ich nicht mit Tim darüber reden sollte, wie sich der Schuhklau damals für mich angefühlt hatte. Denn während unserer Schulzeit hatten wir das nie getan. Naja, und auf dem Rückweg von der Party habe ichs dann einfach getan und ihm gesagt, dass der Schuhklau damals sehr aufregend für mich war und ich mich freuen würde, wenn auch er mir vielleicht hin und wieder mal die Schuhe abnehmen würde. Wobei "einfach getan" es vielleicht doch nicht ganz trifft: Ehrlich gesagt hat mich das echt viel Überwindung gekostet, ihm das zu sagen und gerade bei dem letzten Teil kam ich mir irgendwie richtig dämlich vor. Auch weil diese Bitte von mir, laut ausgesprochen einfach noch viel weirder klang als in meinem Kopf. Er selbst reagierte im ersten Moment praktisch gar nicht, sondern dachte erstmal darüber nach, was ich gesagt hatte und stellte dann ein paar Rückfragen dazu, wie genau ich den Schuhklau empfunden habe. Wie gesagt ist er eher verkopft, aber in der Situation machte mich seine Art schon ein bisschen wahnsinnig, weil ich immer noch nicht wusste, wie er jetzt darüber denkt. Deswegen habe ich ihn dann sehr direkt gefragt, ob er mich jetzt für verrückt hält oder so. Das verneinte er dann Gott sei Dank sofort und meinte, dass er es eigentlich niedlich findet und es irgendwie auch gut zu mir passt und eigentlich auch gar nicht so überraschend ist. :)
Das beruhigte mich natürlich, trotzdem war es mir dann doch ziemlich peinlich als ich nachhakte, ob er denn auch dazu bereit wäre, mir hin und wieder mal meine Schuhe abzunehmen. Da lachte er kurz als wäre es offensichtlich und antwortete: "Naja, mir wird es vermutlich nicht so viel geben wie dir, aber wenn ich dir damit eine Freude machen kann, klar." :) Am nächsten Morgen haben wir auch nochmal tiefer darüber geredet und es dauerte dann gar nicht lange. Wenig später waren wir zusammen im Kino und da hat er mir dann zum ersten Mal meine Schuhe abgenommen. Und ja, das war schon was anderes als der Schuhklau damals in der Schule, aber auch das fühlte sich sehr gut an (sogar besser, würde ich sagen). :)
In der Folgezeit hatten wir dann eben häufiger Erlebnisse dieser Art, meist halt an quasi-öffentlichen Orten, wo so ein Schuhklau aber trotzdem nicht unbedingt auffällt, also z.B. im Kino oder auch in manchen Cafés / Restaurants. Als es dann wärmer wurde auch bei Picknicks und Spaziergängen oder Ausflügen und einmal auch auf einem Minigolfplatz (kam damals etwas unerwartet, war aber dadurch nur umso besser :D). Aber auch mal in der Uni selbst. Tatsächlich wurde er mit der Zeit doch recht kreativ und ziemlich gut darin, mich immer wieder zu überraschen. :)
Naja, auf Dauer gehalten hat unsere Beziehung aber dennoch nicht. Im 3. Semester haben wir uns einvernehmlich getrennt, aber das hatte ehrlich gesagt nichts mit dieser Schuhklausache zu tun, sondern eher damit wie wir damals zusammengekommen waren. Aber das müssen wir an der Stelle nicht vertiefen. Jedenfalls habe ich danach dann auch mein Informatikstudium abgebrochen, weil ich das Gefühl hatte, dass das eigentlich gar nicht zu mir passt, habe mich dann erstmal neu orientiert, bin umgezogen und habe dann zum letzten Wintersemester mit Jura angefangen. Das passt deutlich besser zu mir und ich freue mich schon aufs 2. Semester. In Sachen Schuhklau habe ich auch im letzten Semester mal versucht ein bisschen was anzustoßen, aber das hat nicht so wirklich funktioniert. Irgendwie würde ich schon gerne mal wieder was in dem Bereich erleben, aber ich würde mich auch unwohl dabei fühlen da irgendwas zu erzwingen. Deswegen mal sehen, ob die Zukunft da noch was bereithält.
Öhm, das ist jetzt doch ein sehr langer Text geworden. :D Fühlt euch frei zu kommentieren. :)
LG Regina
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