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 Mohrenkönig und Atta Troll 08.06.2003 (11:32) maja
 Re: Mohrenkönig und Atta Troll 09.06.2003 (23:44) maja
Hallo Maja, hallo Gylman,

ich finde ganz treffend, was Gerhard Höhn im Heine-Handbuch (1997, S. 72 f.) zu dem Problem schreibt:
"Aber an zwei Paten, an zwei Vormärzdichtern, deren Züge das Porträt Trolls, des Künstlers, parodistisch abrunden, besteht kein Zweifel: Freiligrath in erster Linie und Herwegh werden stellvertretend für ihre Zunft geprügelt. Die Parodie des Dichters der »Wüsten- und Löwenpoesie«, der mit seiner 1838 erschienenen Sammlung Gedichte allerdings noch keineswegs zur fortschrittlichen Opposition gehörte, zieht sich durch das ganze Epos. Als Motto des Troll dient die 5. Strophe des berühmten Gedichtes Der Mohrenfürst, das auf Heine, wie er 1846 zugibt, bei der Entstehung seines Epos durch seine unfreiwillige Komik so »belustigend« gewirkt hat (B 7, 496; Text: DHA 4, 375 f.). Freiligrath, der die Verletzung der Menschenrechte anklagen wollte, hatte als Beispiel ausgerechnet einen Mohrenfürsten, d.h. einen absoluten Herrscher gewählt, der eine mit Schädeln behangene Trommel schlägt. Belustigend wirkte ferner der ästhetische Mißgriff, der in dem komischen Schwarzweiß-Kontrast des Gedichtes besteht. Die unstimmige Farbigkeit verspottet der Anfang von Caput IX und vor allem Caput XXVI: Dort tritt der Mohrenfürst als Wärter im Jardin des Plantes auf, der sich mit einer »Blonden Köchin« vermählt und sich ein Bäuchlein angemästet hat, welches aus dem Hemd hervorschaut, »wie'n schwarzer Mond, / Der aus weißen Wolken tritt«; und im Bärenkäfig findet sich die schwarze Mumma wieder, die es jetzt mit einem weißen Wüstenbär treibt. Dieser Schluß steht außerdem in grellem Kontrast zum Pathos des Mottos (zur Parodie s. Woesler 1978, 300 ff., außerdem 341 ff. und DHA 4, 374 ff.). Als zweiter Dichter bekommt Herwegh sein Fett ab: Der Anfang von Caput XXI parodiert den Schluß des nationalen Sendungsgedichtes von 1841, Die deutsche Flotte. - Freiligraths spätere Entwicklung zum radikalen Dichter hat Heine eine Rehabilitierung abverlangt, erklärt er doch in der Vorrede 1846, er zähle ihn »zu den bedeutendsten Dichtern, die seit der Juliusrevolution in Deutschland aufgetreten sind«."

Von daher hast du, Maja, sicher recht, wenn du sagst, der Atta Troll sei nicht "gegen" Freiligrath geschrieben. So ein kleines literaturkritisches Schlachtfest hätte Heine auch mit weniger Aufwand inszenieren können, und Freiligrath und die Tendenzpoesie sind da nur ein Thema unter anderen. Im übrigen liegt ja die inhaltliche Parallele auch einfach nahe: Auch der Mohrenfürst in dem Gedicht von Freiligrath landet ja sozusagen im Zoo und wird ausgestellt, wie der Tanzbär.

Was ich übrigens schwierig finde, Gylman, ist die Brücke, die du vom "Mohrenfürst" zum Gedicht "Der Mohrenkönig" aus dem "Romanzero" schlägst, indem du dessen letzte Strophe zitierst. Ich glaube nicht, daß beide zusammengehören, geht es doch bei Freiligrath und in der Parodie im "Atta Troll" um den Mohrenfürsten im Sinne von Mohr = Schwarzafrikaner, so ist in dem "Romanzero"-Gedicht der Mohr als Maure, also Bewohner des islamischen Spanien gemeint. Und die Mauren tauchen ja seit der "Almansor"-Tragödie immer als Chiffre für edle, um ihrer Religion und Rasse verfolgte Angehörige einer eigentlich überlegenen, sinnenfrohen und kulturell reichen Zivilisation auf (manchmal auch stellvertretend für christlich-jüdische Konflikte).

Spannend wäre aber mal zu schauen, wie es sonst so mit der Verwendung von "Mohr" bei Heine aussieht!?

Grüße euch beiden!
Robert
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